(2009): Kompetenzorientiertes Historisches Lernen im Museum? Eine Skizze auf der Basis des Kompetenzmodells \"\'Historisches Denken\'

June 27, 2017 | Author: Andreas Körber | Category: Museum, Teaching History, History Teaching, Teaching & Learning of History, Geschichtsdidaktik
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Schriften zur Geschichtsdidaktik Band 25 Für die Konferenz für Geschichtsdidaktik herausgegeben von Uwe Uffelmann , Bernd Mütter, Bernd Schönemann, Hartmut Voit

Susanne Popp/Bemd Schönemann (Hrsg.)

Historische Kompetenzen und Museen

Idstein 2009

Kompetenzorientiertes historisches Lernen im Museum? Eine Skizze auf der Basis des Kompetenzmodells „Historisches Denken" Andreas Körber I. Einleitung Ob und wie in Museen historisch gelernt werden kann und soll, ist eine keineswegs triviale Frage. Die Gestaltung von Lernprozessen in existierenden Ausstellungen und Museen, wie auch Fragen der Gestaltung von Ausstellungen zu didaktischen Zwecken, ist immer wieder Thema auch geschichtsdidaktischer Reflexion geworden.1 Der vorliegende Beitrag wirft einen etwas anderen Blick auf das Verhältnis musealer Ausstellung zu historischem Lernen: Einer auf Kompetenzen ausgerichteten Geschichtsdidaktik nämlich können und müssen Museen, Ausstellungen und die in ihnen vorzufindenden Inszenierungen und Objekte nicht nur als Bedingungen, Orte und Instrumente für ein historisches Lernen in den Blick kommen, das seine Legitimation und seine Ziele anderswoher bezieht, sondern auch als Bedingungen des Zielhorizontes selbst: Wenn dieses Lernen die Befähigung der Lernenden zu (gleichzeitigem und späterem) eigenständigen historischen Denken und zur passiv-rezeptiven wie aktiv-gestaltenden (oder auch nur diskutierenden) Teilhabe an der Geschichtskultur einer Gesellschaft sein soll, dann fällt darunter ganz elementar auch die Fähigkeit, mit den Institutionen dieser Geschichtskultur (kritisch) umzugehen, aber auch ggf. an ihrer Gestaltung teilzuhaben. Es geht also nicht nur um die Frage, was an und in Museen „historisch gelernt" werden kann und muss, und wie das geschehen kann. Zu fragen ist vielmehr gerade auch danach, welche Einsichten, Konzepte, Begriffe und Fähigkeiten Lernende für die Nutzung und ggf. Gestaltung von Museen, Ausstellungen etc. erwerben bzw. ausbauen müssen. Dieser Beitrag kann und will die angesprochene Frage nicht klären. Seine Aufgabe ist es aufzuzeigen, inwiefern für ihre Bearbeitung und Diskussion das Kompetenzmodell „Historisches Denken" von FUER2 hilfreich sein kann. 1

2

Hier seien nur einige Beispiele genannt: Margret Rosenbaum: Geschichtsunterricht und Museum heute. Grundzüge neuzeitlicher Museumsdidaktik für das Fach Geschichte. Trier 1979; Frank M. Andraschko/AIexander Link/Hans-Jakob Schmitz: Geschichte erleben im Museum. Anregungen und Beispiele für den Geschichtsunterricht. Frankfurt a.M. 1992; Olaf Hartung (I Irsg.): Museum und Geschichtskultur. Ästhetik - Politik - Wissenschaft. Bielefeld 2006. Das Kompetenzmodell ist in Kurzfassung dargestellt in: Waltraud Schreiber u.a.: Historisches Denken. Ein Kompetenz-Strukturmodell. Neuried 2006 (Kompetenzen: Grundlagen - Entwicklung - Förderung, Bd. 1). Die ausführliche Präsentation und Erläuterung findet sich in: Andreas Körber/Waltraud Schreiber/Alexander Schöner (Hrsg.): Kompetenzen Historischen

Dafür ist zunächst - in aller gebotenen und angesichts der sich mehrenden Veröffentlichungen auch möglichen Kürze- das Kompetenzmodell vorzustellen. Sodann soll das Verhältnis dieses Modells zu anderen zur Zeit für das Fach Geschichte vorliegenden Kompetenzmodellen kurz thematisiert werden. Es wird dabei zum einen darum gehen, die Besonderheiten dieses Modells gegenüber den anderen herauszustellen, aber auch um mögliche Übereinstimmungen. In einem dritten Schritt soll dann an einigen Punkten umrissen werden, wie mit Hilfe der Kompetenztheorie historisches Lernen in Museen konzeptionalisiert werden kann. Die Unterscheidung einer fördernden und einer diagnostischen Nutzung der vom Kompetenzmodell bereitgestellten Konzepte wird in einem kürzeren Abschnitt thematisiert. Abschließend wird der Frage nachgegangen, inwiefern Museen und Ausstellungen selbst „kompetenzorientiert" werden können.

II. Kompetenzorientiertes historisches Lernen in Museen? Museen sind nichts Naturgegebenes. Das Konzept „Museum" wie das der „Ausstellung" ist selbst historisch geworden und in diesem historischen Prozess in einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung im weiteren Sinne herausgearbeitet. Der Entstehungsprozess dessen, was wir als „Museum" verstehen, ist dabei weder abgeschlossen, noch kann davon gesprochen werden, dass er zu einem einmütigen Verständnis innerhalb dieser Gesellschaft geführt habe, zu einem allumfassenden Konsens, was denn unter Museum zu verstehen sei, welche Funktionen und Aufgaben Museen erfüllen sollen, welche Methoden sie dafür anwenden, wie sie zu nutzen seien oder auch nur, welches Verhalten in ihnen angemessen sei. Versuche der Modernisierung bestehender Museen oder Museumstypen und der Etablierung neuer Museumsformen zeigen dies ebenso wie immer neue museumspädagogische Entwicklungen. Ein solcher abschließender Konsens wäre auch verwunderlich, denn die „Gesellschaft" hat keineswegs als Ganze gleichberechtigt und gleichermaßen interessiert daran teilgenommen. Das aber gilt für beinahe alle gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen nicht nur in pluralen Gesellschaften. Dennoch muss das jeweils vorzufindende Spektrum an Vorstellungen über Aufgaben und Funktionen, Methoden und Medien, Verfahren musealer Tätigkeit in seiner Breite und Vielschichtigkeit, ja auch seiner Kontroversität, als ein Ergebnis gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse verstanden werden. Museumskonzepte sind (uneindeutige) gesellschaftliche Konventionen, und sie rekurrieren ihrerseits auf andere, wiederum nicht eindeutige Konventionen, etwa hinsichtlich des Kunstbegriffs, des Begriffs von Geschichte, von Wahrheit, Ästhetik etc. „Lernen im Museum" kann daher keineswegs nur bedeuten, im Museum für etwas anderes (etwa die Schule) zu lernen, sondern muss selbst ein Lernen über das Museum beinhalten, darüber, was ein Museum ausmacht, wie das dort Vorzufindende zu denken sei, wie es genutzt werden kann, was es für den HinDenkens. Ein Strukturmodell als Beitrag zur Kompetenzorientierung in der GeschiclHsdidaktik. Neuried 2007 (Kompetenzen: Grundlagen - Entwicklung - Förderung, Bd. 2).

zelnen und die Gesellschaft bedeutet. Lernen im Museum ist immer auch museologische Sozialisation und Enkulturation. Museen sind also selbst gesellschaftliche Konventionen bzw. verweisen auf solche. Es geht dabei um Konzepte dessen, was „ausgestellt" werden kann, bzw. wie die „auszustellenden" Sachverhalte begrifflich gefasst werden können. Wer in ein Museum geht, benötigt eine Vorstellung davon, was ihm dort begegnen und in welcher Eigenschaft es ihm dort präsentiert werden wird (auch, um etwa eine jeweils nicht präsentierte Eigenschaft mit reflektieren zu können). Für unseren Zusammenhang ist es von Bedeutung, dass die Nutzer von Museen ein anschlussfähiges Konzept davon haben, was an der Präsentation in einem Museum „historisch" ist: Das betrifft zum einen die Abgrenzung des historischen Museums vom Kunstmuseum, aber auch die Frage danach, was eigentlich ein Thema zu einem „historischen" qualifiziert. Wer unter „historisch" nur „alt" bzw. „von früher" versteht, wird Präsentationen vieler Ausstellungen nicht verstehen, bei denen ja — wenn sie gut sind - nicht das Alter der Objekte, sondern ihre Bedeutung in einem Zusammenhang den Ausschlag für die Musealisierung gibt. Der Besucher eines Museums muss ebenso wie der Macher von Ausstellungen eine Vorstellung davon haben, was denn überhaupt ein „Objekt" ausmacht. Ist es der alte Gegenstand an sich? Ist es der Gegenstand mitsamt der ihn umgebenden, durch De- und Re-Kontextualisierung wenn nicht entstandenen, so doch geprägten „Aura"? Ist es gar nicht der einzelne Gegenstand, sondern der Gegenstand in einem Zusammenhang? Hierzu gehört ebenso der ganze Komplex an Konzepten und Begriffen, der mit der Authentizität der Objekte zu tun hat. Wann ist ein präsentierter Gegenstand ein „Original", wann ist er „verändert" oder gar „gefälscht"? Welche Bedeutung hat diese Authentizität? Die zweite Ebene, auf der Museen auf Konventionen (in Nutzung wie Weiterentwicklung) rekurrieren, betrifft die Methoden der Präsentation. Ob eine museale Ausstellung die Objekte in einer möglichst „reinen" Form „für sich" sprechen lassen will, oder ob die einzelnen Objekte in einem von den Ausstellungsmachern hergestellten Zusammenhang präsentiert werden, macht einen deutlichen Unterschied aus und erfordert durchaus unterschiedliche Leistungen des Betrachters. Geht es überhaupt um ein „Betrachten" - oder ist eine aktive Erschließung gefordert? Und zugleich geht es um Methoden der Nutzung. Wer nicht gelernt hat, dass es zu den meisten Ausstellungen Kataloge gibt, dass die Exponate in einer zumeist vorgegebenen Reihenfolge präsentiert werden und dass sie auch so rezipiert werden können, dem wird es schwerfallen, die Aussage einer Ausstellung zu de-konstruieren; wer aber überdies nicht gelernt hat, dass sich Ausstellungen auch „gegen den Strich" rezipieren lassen, der ist in Gefahr, einer Präsentationslogik auf den Leim zu gehen. Kompetenz historischen Denkens in Bezug auf Ausstellungen und Museen erweist sich demnach in der Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, das in einer Ausstellung Dargebotene in seinen Einzelheiten wie in der durch die Auswahl der Exponate, das Arrangement und die Inszenierung getroffenen Aussage wahrzunehmen und zu entschlüsseln und die so gewonnenen Informationen und Einsichten für eigene histori-

sche Orientierung zu nutzen. Historisches Lernen für und in Museen bedeutet dann die Befähigung dazu. A. Museumsbezogene historische Kompetenzen Mit Hilfe des Kompetenzmodells „Historisches Denken" lässt sich dieses strukturieren. Die oben skizzierten Elemente lassen sich mit seiner Hilfe zum einen analytisch unterschiedlichen Bereichen zuordnen, die einer eigenen Förderung zugänglich sind, zum anderen lassen sich mit Hilfe der Graduierungskonzepte verschiedene Niveaus einer historischen Museumskompetenz differenzieren. 1. Historische Sachkompetenzen Der erste der skizzierten Bereiche betrifft die „historische Sachkompetenz", also die Verfugung über die Konzepte, Begriffe und Kategorien, mit denen die Gesellschaft agiert, wenn sie ihre Vergangenheit (aber auch ihre künstlerische, politische etc.) Gegenwart musealisiert und ausstellt, und die Verfügung über Strukturierungskonzepte. Hinsichtlich der Verfügung über ein Konzept der „Ausstellung" und des Museums selbst stellt sich das etwa so dar: Als „basal" wäre die Vorstellung einzuordnen, die museale Ausstellung sei die Darstellung vergangener Wirklichkeit, zumindest einiger Ausschnitte derselben. Das „intermediäre" Niveau müsste für durchaus unterschiedliche Vorstellungen gelten, die voneinander verschieden sind, sich aber in ähnlicher Weise auf konventionelle Konzepte stützen, dabei durchaus in ihrer Qualität unterschieden werden können. So greift die Vorstellung, eine Ausstellung sei die Präsentation eines jeweils aktuellen Zwischenstandes der Erkenntnis auf dem Weg zur „endgültigen" Darstellung des thematisierten Gegenstandes, also eine Etappe auf einem stetig aufsteigenden Weg, auf ein konventionelles Konzept von „Forschungsstand" zurück. Ebenso ist die Erkenntnis, dass jede historische Ausstellung nicht nur zeitlich, räumlich und thematisch auswählen und abgrenzen muss, sondern dass ihr geschichtswissenschaftliche Konzepte und Fragestellungen unterliegen, als intermediäre zu bezeichnen. Wer also in der Lage ist, eine sozialgeschichtliche Ausstellung zur Hexenverfolgung von einer mentalitätsgeschichtlichen zu unterscheiden, verfügt über dieses Niveau. Über ein „elaboriertes" Niveau der Sachkompetenz in dieser Hinsicht verfügt derjenige, der in der Lage ist, die in einer Ausstellung verwendeten Kategorien zu reflektieren und infrage zu stellen.3 3

Vgl. Katja Köhr/Karl Heinrich Pohl: Affirmation statt Kritik? Das Deutsche Historische Mu seum in Berlin und seine Ständige Ausstellung. In: Geschichte in Wissenschaft und Unlerru In 58 (2007), S. 578-590.

Ein zweiter Versuch, die Relevanz der Niveauunterscheidung in der Sachkompetenz zu verdeutlichen, soll im Folgenden am Konzept des „Objekts" gemacht werden: Ein Besucher eines Museums, der in dieser Hinsicht nur ein basales Kompetenzniveau besitzt, also nicht über die konventionellen Konzepte verfugt, dürfte die ausgestellten Objekte nur als „Gegenstände" wahrnehmen, die höchstens Vertreter ihrer lebensweltlichen Klasse von Gegenständen sind: Eine griechische Amphore mit rotfigürlicher Bemalung in einer Antikenabteilung wäre für ihn nur ein Gefäß, ebenso wie die Sektflasche mit dem Etikett der amicale internationale de Neuengamme in der Nachgeschichts-Abteilung der neuen Hauptausstellung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme nur eine Sektflasche darstellt und höchstens besagt, dass gefeiert worden sei. Auch eine Verwunderung darüber, was denn eine Sektflasche mit einem Etikett mit rotem Winkel und blau-weißen Streifen solle, ginge nur wenig über dieses Niveau hinaus. Und wer in einer Ausstellung über die Wohnkultur der 50er Jahre nur auf den „komisch geformten Tisch" hinweisen, ihn aber nicht als Objekt wahrnehmen kann, das eine spezifische, von der heutigen Zeit unterschiedene Ästhetik bezeichnen kann, besitzt nur dieses Niveau. Das gilt im Übrigen auch, wenn der oder die Nutzer(in) durchaus ästhetisch wahrnimmt, dass diese Objekte für etwas stehen, dass sie etwas aussagen, aber nicht in der Lage ist, das so anzusprechen, dass ein Mitbesucher oder ein Guide damit etwas anfangen kann. „Der Tisch sieht aber komisch aus" wäre ein Ausdruck dieses Niveaus. Schon die Wahrnehmung ausgestellter Objekte als Repräsentanten eines historischen Zusammenhangs und die Fähigkeit, dies anschlussfähig zu verbalisieren, bezeichnet das intermediäre Niveau. Den komischen Tisch als „Nierentisch" ansprechen zu können, mag dafür noch kaum ausreichen, wohl aber die Qualifizierung des mit ihm inszenierten 50er Jahre-Wohnraums als „spießige Nachkriegsästhetik". Wer zudem in der Lage ist, die Auswahl und Zusammenstellung der Objekte mit Hilfe weitergehender Informationen zu erläutern und zu kommentieren, besitzt das intermediäre Niveau. Dann geht es nicht mehr darum, ob dieser konkrete Tisch „komisch" aussieht; vielmehr wird die Präsentation als Verweis auf eine Zeit und ihre Deutung wahr- und angenommen, die ergänzt und kommentiert werden kann. Ob das nun in nostalgisch-affirmativer Weise geschieht oder kritisch, spielt für das Niveau zunächst keine Rolle. An dem anderen Beispiel der Sektflasche in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme lässt sich dieses noch stärker verdeutlichen: Sie steht in einer Vitrine, welche die Geschichte der amicale internationale thematisiert, ihre Zusammenkünfte und Aktivitäten. Die durchaus ungewöhnliche Tatsache, dass der rote Winkel und die senkrechten hell-blau-weißen Streifen der Häftlingskleidung gerade eine Sektflasche „zieren", damit erklären zu können, dass dies auf die soziale Bedeutung des Zusammenhalts der ehemaligen Häftlinge untereinander, ihre Überlebensfreude bei allem Nicht-Vergessen-Können und -Wollen verweist, dass gerade die Zusammenstellung von entmenschlichender Kategorisierung von Häftlingen und Sekt als dem Getränk des Feierns eine Bedeutung enthält, die narrativ ist, beweist,

dass die Konventionen verstanden werden, mit denen die Ausstellung arbeitet. Aber nicht nur die Fähigkeit, dieses zu erklären, wäre ein Hinweis auf das intermediäre Niveau, sondern auch die Fähigkeit, die Irritation zu äußern, die nämlich ihrerseits bestimmte Konventionen bereits voraussetzt. Dem intermediären Niveau zugehören würden auch alle Formen von Denken und Verhalten, die sich auf die Authentizität eines Objekts nur im Sinne der Alternative zwischen „Original" und „Fälschung" beziehen. Wer danach fragen kann, ob die in einer Ausstellung gezeigte Terrakotta-Skulptur eines Kriegers aus dem Grabmal des ersten chinesischen Kaisers ein „Original" oder eine „Fälschung" ist, rekurriert dabei auf recht schlichte gesellschaftliche Konventionen. Wer in der Lage ist, zwischen „Original" und „Replikat" zu unterscheiden oder zu fragen, welche Teile denn „echt" seien, denkt differenzierter, verlässt jedoch noch nicht das konventionelle Niveau. Erst wenn gefragt werden kann, inwiefern ein in einer Ausstellung präsentiertes Objekt „original" ist, wenn reflektiert werden kann, was mit dem Anspruch auf „Originalität" überhaupt im Einzelnen gemeint ist, welche Erwartungen und Bedeutungen sich an den Anspruch der Originalität knüpfen, wird das konventionelle Niveau verlassen. Die Frage aufzuwerfen, inwiefern (nicht nur „ob") ein mittelalterlicher Altar nach mehreren Restaurationen, die jeweils ihrerseits das Verständnis ihrer Zeit dokumentieren, noch als „Original" anzusehen ist, wofür er Quellencharakter besitzt, wäre Ausweis eines elaborierten Niveaus. Dies gilt ebenso für die Fähigkeit, den Unterschied zwischen einer guten Re-Konstruktion einer antiken Vase und dem fragmentarischen originalen Bruchstück zu diskutieren. Das höchste Niveau ist also dann erreicht, wenn der Einzelne in der Lage ist, die Objekte, ihre Auswahl und das Arrangement, die Narration der Ausstellung und ihre Unterstützung durch Text, Audioguide etc., einer argumentativen Rezension zu unterziehen, d.h. sie zu erkennen und ernst zu nehmen, sich ihnen gegenüber aber kritisch zu verhalten . Die zweite Kernkompetenz dieses Kompetenzbereiches „Strukturierungskompetenz" sei aus Platzgründen nur mit einem kurzen Beispiel angedeutet: Basal ist sie z.B. ausgeprägt, wenn ein Besucher zwar wahrnimmt, dass der Aufbau einer Ausstellung in einem Museum, die Anordnung der Objekte nicht wahllos erfolgt, er/sie aber keine Konzepte hat, sich dazu zu verhalten. Die Kompetenz ist stärker ausgeprägt, wenn der Besucher unter Bezug auf konventionelle Strukturierungen bestimmte Anordnungskonzepte und ihre Deutungsrelevanz wiedererkennen und kommentieren kann. Als Beispiel kann hier der Berliner (neuzeitliche) Teil „Altes Reich und neue Staaten 1495-1806" der Ausstellung zum „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation 9621806" von 2006 genommen werden.4 Hier ein doppeltes Prinzip einer teilweise chronologischen Anordnung entlang der Kaiserabfolge einerseits und einer 4

Vgl. zu Intention und Konzept Jutta Götzmann/Ansgar Reiß: ,Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962-1806 - Altes Reich und neue Staaten 1495-1806'. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 57 (2006), S. 594-601.

struktursystematischen Präsentation andererseits erkennen und benennen zu können sowie mit der Hilfe dieser Erkenntnis entweder nach dem dahinter stehenden Deutungsmuster („verfassungsmäßiger Dualismus")5 fragen zu können, diese Struktur angemessen zu finden oder abzulehnen, das wäre intermediär; elaboriert wäre diese Kompetenz, wenn die Wirkung dieser Hängung reflektiert werden könnte. An einem anderen Problem aus der gleichen Ausstellung sei dies noch kurz verdeutlicht. Sich darüber austauschen zu können, ob und welche Bedeutung für die Rezeption der Aussage und für das eigene Bild des Reiches die Tatsache hat, dass die Präsentation der Geschichte der Reichsidee in ihrer Wandlung am Ende der Ausstellung quasi als Anhängsel, und nicht etwa als Fragen (an diese Ausstellung) aufwerfende Eröffnung platziert ist, impliziert die Fähigkeit, Strukturierungen nicht nur wahrnehmen, wiedererkennen und anwenden zu können, sondern sie selbst zu durchdenken. 2. Historische Fragekompetenz(en) Die Kernkompetenzen des in der Logik des Regelkreises ersten „prozessualen" Kompetenzbereiches sind bei geschichtskulturellen Präsentationen von Vergangenheit in besonderer Weise gefordert. Anders als es der Regelkreis auf den ersten Blick suggeriert, nimmt das historische Denken hier nur im Ausnahmefall den Ausgang bei einer gegenwärtigen Verunsicherung über die Bedeutung eines Phänomens oder Phänomenkomplexes der Vergangenheit für die eigene lebensweltliche Gegenwart. Ein derartiges Orientierungsbedürfnis, auf das das Geschichtsbewusstsein mit der Erstellung einer narrativen historischen Aussage antwortet, ist zunächst nur auf Seiten der Ausstellungsmacher, ihrer Auftraggeber und Berater aktiv, auch bei ihnen allerdings in der vermittelten Form, dass sie nicht nur ihre persönlichen Bedürfnisse einfließen lassen, sondern die von ihnen wahrgenommenen Bedürfnisse der „Gesellschaft" (oder relevanter Teile von ihr). Mit Blick auf die Besucher einer Ausstellung muss es allenfalls als die Ausnahme angesehen werden, dass eine(r) von ihnen mit genau den Fragestellungen in eine Ausstellung geht, welche die Macher der Ausstellung zu Beginn ihres Projekts im Kopf gehabt haben. Für die Masse der Besucher wird gelten, dass ihr Interesse an der Ausstellung, wenn es denn eine derartige lebensweltliche Verunsicherung über den Gegenstand ist, sich nur partiell mit demjenigen der Ausstellungsmacher überschneidet. Einige der von den Autoren der dortigen Narrationen verfolgten Fragen wird sie nicht im engeren Sinne interessieren, einige der ihren werden nicht oder nicht explizit angesprochen werden. Dazu ein Beispiel: das neue, „BallinStadt" genannte und sich als „port of dreams" bezeichnende Auswanderermuseum auf der Veddel in Hamburg.6 Welches Interesse bzw. welchen Auftrag die Ausstellungsmacher hatten, ob es um eine Ehrung des Unternehmers Ballin geht, um die Hervorhebung der „historischen" Verbindungen Harn5 6

Vgl. ebd., S. 598; vgl. auch die Rezension der Ausstellung von Frank Pohle in Sehepunkte 7 (2007) 9 (online: http://www.sehepunkte.de/2007/09/11776.html; aufgerufen am 10.3.2008). http://www.ballinstadt.de/de/index.php (aufgerufen am 14.3.2008).

burgs in die „Neue Welt", um eine emotionalisierende Inszenierung der Erfahrungen der Auswanderer zum Zwecke der Unterhaltung oder um eine Reflexion der Bedeutung von Ein- und Auswanderung für die Gesellschaft und der Erfahrungen der Migranten beim Aus- und Einwandern, muss vom Besucher erst erkundet werden. Wer sich vornehmlich für Letzteres interessiert, wird sich an der Inszenierung und dem Eventcharakter wohl eher stören, wer mit eigenen Verwandten aus den USA auf den Spuren der gemeinsamen Geschichte wandelt, die konkrete Inszenierung mit ganz anderen Augen sehen. Selbst in dem Fall, dass der Besucher das Interesse der Auftraggeber und Ausstellungsmacher teilt, findet er jedoch etwas anderes vor, eine fertige Zusammenstellung von gesuchten, ausgewählten, z.T. durch Replikate ergänzten oder ersetzten, inszenierten Exponaten und somit zumindest eine „Proto-", wenn nicht gar eine explizite Narration, zu der er sich in eine Beziehung setzen muss. Aus dem Dargebotenen eigene Orientierung zu ziehen, erfordert also in jedem Falle zweierlei: zum einen die Fähigkeit, das eigene Interesse in eine Frage zu „verwandeln", mit welcher die dargebotenen Informationen so erschlossen werden können, dass am Ende ein Anschluss an das eigene Interesse möglich ist, zum anderen, und damit eng verwoben, die Entzifferung des in der Ausstellung „bedienten" Interesses. Es geht also um De- und Re-Konstruktion. Um etwa als Deutsch-Amerikaner die eigene Frage nach dem Schicksal der Vorfahren bei der Auswanderung beantworten zu können, muss man in Erfahrung bringen, welchen Stellenwert derartige Informationen innerhalb der Ausstellung selbst haben. Geht es vor allem um wenige Beispiele „typischer" Schicksale mit maximalem Betroffenheitsfaktor? Oder werden Differenzierungen etwa zwischen Bevölkerungsgruppen und Zeiträumen deutlich markiert? Auf einem basalen Niveau äußert sich diese Kompetenz durch spontane und unsystematische Kommentare. Wer lediglich „enttäuscht" ist, weil er sich das alles „viel spannender" vorgestellt hat, ohne benennen zu können, was denn das Kriterium für Spannung hätte sein können (etwa: stärkere Einfühlung in eine inszenierte Geschichte oder aber mehr Informationen über Gruppen, an denen ein eigenes Interesse besteht; mehr Informationen zu Kontroversen der Deutung o.a.). Das gleiche gilt sicherlich auch, wenn jemand sich Hoffnungen auf eine Ausstellung macht, ohne dieses eigene Interesse kommunizieren zu können. Auf dem intermediären Niveau erfordert diese museumsspezifische Fragekompetenz u.a. die Fähigkeit, das eigene Interesse an der präsentierten Vergangenheit in die Begriffe und Konzepte zu übersetzen, mit denen die Ausstellung arbeitet. Das heißt nicht, dass man bereits vor dem Besuch alle einschlägigen Begriffe kennen müsste, wohl aber, dass man in der Lage ist, sich die jeweils verwendeten Begriffe schnell anzueignen, um dann eigene und fremde Interessen und Fragen formulieren zu können. Elaboriert ist diese Fragekompetenz besonders dann vorhanden, wenn die eigenen und die fremden Interessen an der Geschichte in ein reflektiertes Verhältnis gesetzt werden können, d.h. wenn auch das oben skizzierte Spannungsverhältnis ausge-

sprachen und mit Verweis darauf überlegt werden kann, inwiefern eine solche Ausstellung überhaupt das eigene Bedürfnis befriedigen kann. 3. Historische Methodenkompetenz(en) Auch der zweite „prozessuale" Kompetenzbereich, die „historische Methodenkompetenz" mit ihren „Kernkompetenzen" der Re- und De-Konstruktionsfähigkeit, ist museumsrelevant. Insofern es sich bei musealen Präsentationen, d.h. bei den Ausstellungen wie bei den sie erschließenden Formen der Führung, des Katalogs, des Museumsblattes, um in der Gegenwart und aus deren Perspektive erstellte Aussagen über die versammelten und zusammengestellten Exponate und ihren Zusammenhang handelt, ist für die Nutzung einer Ausstellung zur historischen Orientierung eine Form der De-Konstruktionskompetenz zu fordern und zu fordern. Das erfordert mehr als nur die Einsicht in die Tatsache, dass eine solche Ausstellung eine Konstruktion ist, mehr auch als ein Verfügen über die Konzepte des „Objekts", der „De-Kontextualisierung" und „Re-Kontextualiserung", der „Authentizität", des „Arrangements" usw. Dies alles wäre der „historischen Sachkompetenz" zuzuordnen. Mit diesem Wissen (i.w.S.) allein dürfte es aber noch nicht gelingen, eine Ausstellung selbst zu erschließen und sich zu ihr zu verhalten - weder in Anerkennung noch in kritischer Prüfung. Es müssen prozessuale Fähigkeiten hinzukommen, also die Verfügung über konkrete Fähigkeiten und Fertigkeiten. Auch diese Fähigkeiten und Fertigkeiten der Erschließung präsentierter Geschichte sind wiederum nicht nur durch die ausgestellte Sache selbst gegeben, sondern ebenso durch gesellschaftliche Konventionen vorgeprägt. Das betrifft zum einen recht alltägliche Fähigkeiten, die nur zum Teil geschichtsspezifisch sind (also bei jeglichen Ausstellungen, auch solchen künstlerischer Natur, zum Tragen kommen), ohne die allerdings die Ausstellung kaum zu „nutzen" ist. Dazu gehört die Fähigkeit, zu einem Exponat eine Erläuterung zu finden. Ganz basal (nicht aber wirklich banal) geht es darum, bei dreidimensionalen, frei im Raum stehenden Exponaten die Etiketten nicht nur am Objekt, sondern auch an der nächstgelegenen Wand zu suchen und zu finden, sowie die Fähigkeit, mit Hilfe eines Register- und Nummerierungssystems die Erläuterungen zu den Exponaten in einem Faltblatt, Katalog und/oder auf einem Audioguide aufsuchen zu können. Auch die Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft, sich auf vorgeprägte Umgangsweisen mit Exponaten (Rallyes, Unterrichtsbögen) einzulassen bzw. zu verstehen, was damit gemeint ist, gehört hierher. Komplexer ist dann bereits die Fähigkeit, sich mit Hilfe dieser Tätigkeiten die (oder eine) Aussage der Ausstellung zu erschließen. Weiß ich als Benutzer, dass derartige Aussagen oftmals in den Titeln der Ausstellungen, in den Vorworten der Blätter und Kataloge explizit geäußert werden, bin ich in der Lage, etwaige implizite Deutungen, die sich im Arrangement finden, zu entschlüsseln? Bin ich in der Lage, Deutungen, die sich aus medialen und Gestaltungselementen ergeben, wahrzunehmen?

4. Historische Orientierungskompetenz Orientierungskompetenz meint die Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft von Menschen, historisches Denken nicht vordergründig als ästhetische Liebhaberei oder lästige Pflichtübung zu begreifen, sondern ihre dabei gemachten Erfahrungen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse auf ihre eigene Person in ihrem sozialen Umfeld und ihre eigene Gegenwart zu beziehen. Wir (FUER) haben sie in vier Kernkompetenzen gegliedert, nämlich die Disposition und Fähigkeit, diese Erfahrungen und Ergebnisse auch bei späterem Denken wieder zu nutzen, d.h. die eigenen Vorstellungen von Geschichte, ihrer Gliederung, den Erkenntnismöglichkeiten etc. immer wieder zu erweitern. „Basal" ist diese Kompetenz dann ausgeprägt, wenn dieses Neu- und Umdenken selbst unsystematisch stattfindet, wenn einmal Interessantes und Spannendes festgestellt wird, es in den eigenen Konzepthaushalt Eingang findet, diese Tatsache aber selbst nicht bewusst wird. Wer bei einem Besuch in einem Museum über mittelalterliche und vormoderne Straf(prozess)praxis7 nur entweder Erschrecken und Abscheu oder aber Faszination äußern kann, der setzt sich durchaus selbst in ein Verhältnis zu den dargestellten Praktiken; wenn dieses Verhältnis mit den unsystematischen Kategorien des „früher" oder „damals" verzeitlicht wird, wird man auch von historischer Orientierung auf basalem Niveau sprechen können. Diesen Selbstbezug unter Rückgriff auf überkommene Denkmuster („im Mittelalter war man noch grausam"; „das ist ja nicht verwunderlich, das war ja vor der Erfindung der Menschenrechte" oder „bei uns heute gibt es zwar auch Grausamkeit, aber nicht in dieser auf Aberglauben basierenden Form") zeitlich denken zu können, wäre demgegenüber bereits intermediär. Das gilt auch für die im folgenden Ausschnitt zum Ausdruck kommende Deutung von „Folter" als etwas mittelalterlich Verabscheuungswürdiges und der dazu in einem Spannungsverhältnis stehende Verweis auf eine allgemeine, zeitübergreifende Grausamkeit des Menschen. Der unbekannte Besucher fasst das über die Entstehungsursachen der Folter Gelernte wie folgt zusammen: „Die frühere Gerichtsbarkeit, stützte sich oft auf Zeugenaussagen, und Wort gegen Wort. Wenn die Verhandlung nicht zu einem Ergebnis führte, wurde oft ein Gottesurteil herangezogen (dies steht nicht dort), welches verschiedene Formen hatte, wobei ein sehr Beliebtes der Zweikampf war, wer diesen dann gewann, hatte die .Wahrheit gesagt' und somit den Prozess gewonnen, [...] da dies aber nicht sehr befriedigend war, rang man sich zu dem im Ansatz richtigen Entschluss durch, dass Verurteilungen auf Grund von Geständnissen anzustreben seien, da aber kaum Geständnisse folgten, entschied man sich, ,etwas' nachzuhelfen. Die offizielle Folter war geboren!! Und da man gerade dabei war, folterte man oftmals die Zeugen auch noch mit, [...]:-( [es folgen Beschreibungen einiger Folterinstrumente und ein Hinweis auf die Praxis der Hin-

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Vgl. z.B. das Rüdesheimer „Foltermuseum" (http://www.foltermuseum.com/; aufgerufen am 14.3. 2008).

richtung mit der Garrotte in Spanien noch unter Franco] hieran können wir sehen, wie aktuell diese wahrlich entsetzlichen Dinge noch sind."

Trotz ihrer Flapsigkeit („da man gerade dabei war") muss man in dieser Zusammenfassung eine Formulierung einer historischen Erkenntnis erkennen, die über das weit Übliche, nämlich die Vorstellung der Folter als entweder zeitunabhängiger Form menschlicher Grausamkeit oder überwundener Praxis hinausgeht und sowohl Wandel als auch Kontinuität thematisiert. Elaboriert wäre der Selbstbezug aber erst dann, wenn die präsentierte Deutung nicht einfach benutzt, sondern daraufhin befragt und reflektiert werden könnte, woher die eigene Faszination und das Erschrecken kommt und welche Bedeutung dieses für die Präsentation der Geschichte hat (welche Erwartung wird hier bedient) bzw. wie sehr der eigene Eindruck von Formen der Präsentation abhängig ist. Weiter heißt es in dem Bericht: „Dies nur um einen Eindruck zu vermitteln, [...] ich habe nicht gezählt, aber es dürften zwischen 50 und 100 Exponate sein, eines schrecklicher als das andere, teilweise zur Tötung, teilweise, ,nur zum quälen', alles trocken dargestellt, ohne Inszenierung, oder Anklage, wobei die Macher eindeutig gegen die Folter sind, aber sie haben meiner Ansicht nach richtig erkannt, diese Folterwerkzeuge sprechen für sich, und sind Anklage genug, jegliche Wertung würde dazu fuhren, die Ausstellung abzuwerten, denn hier spielt der Kopf die tragende Rolle, denn Fantasie kann etwas Übles sein, [...]"'

Der letzte Satz scheint zu einer elaborierten Reflexion auch der eigenen Rolle bei der Konstruktion des Ergebnisses hinzufuhren, wird aber nicht weiter ausgeführt. Die Orientierungskompetenz definiert sich aber nicht vornehmlich aus der Qualität des Ergebnisses eines solchen historischen Denkprozesses, sondern auch auf die Art und Weise, wie er vollzogen wird. Wer bei einer Ausstellung ganz allein auf seinen eigenen Eindruck angewiesen ist, nicht in der Lage, seine Verunsicherung, Verwirrung angesichts neuer Erkenntnisse etc. zu formulieren, bleibt in seiner Kompetenz basal. Wer hingegen nicht nur methodisch, sondern auch emotional gelernt hat, sich gegebene Deutungen zu erschließen und sie zu nutzen, denkt konventionell. In einem Faltblatt oder einem Katalog nach der „Aussage" einer Ausstellung zu suchen und diese zu akzeptieren („was bedeutet das alles denn - schau doch mal nach"), gehört ebenso auf dieses Niveau wie die Fähigkeit, skeptisch danach zu fragen, was das „denn nun wieder soll". B. Schlussfolgerungen: Kompetenzorientierter Geschichtsunterricht in Museen und Gedenkstätten Ein nach unserem Strukturmodell kompetenzorientiert angelegter Geschichtsunterricht in einem Museum oder einer Gedenkstätte nimmt jene als geschichtskulturelle 8

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Aus dem durchaus uneinheitlichen Bericht eines Besuchers „Puckylein" vom Dezember 2000 im genannten Rüdesheimer „Foltermuseum" unter: http://reisen.ciao.de/Mittelalterliches_Foltermuseurn_Freiburg Test_l 511131 (aufgerufen am 14.3.2008). Das Verbot der Garrotierungen in Spanien durch Franco wird allerdings fälschlich auf 1981 datiert. „Puckylein" (2000): Erfahrungsbericht Foltermuseum Rüdesheim (Anm. 8).

Institutionen wahr und reduziert sie nicht auf die Funktion der Vermittlung vermeintlicher perspektivenneutraler Informationen. Er gibt sich nicht damit zufrieden, dass Schülerinnen und Schüler nach einem Besuch Einzelinformationen über den dargestellten Zusammenhang wiedergeben können, sondern zielt darauf ab, die gegenwärtige gesellschaftliche Funktion der geschichtskulturellen Institution in die Betrachtung und die Reflexion einzubeziehen. Er zielt von Anfang an über das intermediäre Niveau hinaus, führt also geschichtskulturelle Konstrukte immer unter Beachtung ihres Charakters ein, versteigt sich jedoch nicht dazu, dass sich jeglicher Erfolg des historischen Lernens erst daran messe, dass die Schülerinnen und Schüler das kritische Reflektieren von Begriffen, Termini, Konzepten, Fragen etc. bereits zeigen (Performanz), sondern erkennt die Fähigkeit zur Anwendung gelernter Begriffe etc. als für das intermediäre Niveau hinreichend an. Ein derartiger Unterricht thematisiert die einzelnen Kompetenzbereiche explizit, d.h. er fragt danach, wozu, mit welchem Forschungs- und Informationsinteresse in unserer Gesellschaft ein Problem derart präsentiert wird, benennt das Verhältnis der Interessen und Perspektiven der Schülerinnen und Schüler dazu, führt explizit in die Strukturierung und Inszenierung der Ausstellungen und Arrangements wie auch etwaiger Events ein, thematisiert ihre Präsentationslogik und befähigt zur eigenständigen Nutzung der Angebote. Dazu gehört, dass der Unterricht Darstellungs- und Präsentationsgesichtspunkte (Re-Konstruktion, De-Kontextualisierung, Isolation, Inszenierung, Re-Kontextualisierung, Farbgebung, Anordnung etc.) ebenso betrachtet wie Erschließungsmöglichkeiten (Ausstellungsplan, Hinweisschilder, Gliederungsprinzipien) und zu eigenständiger, nicht den vorgegebenen Pfaden folgender Nutzung ermutigt.

II. Kompetenzkonzepte zur Diagnostik der Lemstände von Schülerinnen und Schülern Kompetenzkonzepte haben noch eine zweite Funktion: Immer dann, wenn nicht allein die Vermittlung von konkreten Wissensbeständen und/oder Deutungen im Mittelpunkt pädagogischer Bemühungen steht, sondern die Befähigung zum historischen Denken, bieten sie auch diagnostische Konzepte. Das gilt besonders für historisches Lernen in Ausstellungen und Museen für den Umgang mit ihnen. Der diagnostische Einsatz der Kompetenzkonzepte ist insofern von einem auf Förderung zielenden zu unterscheiden, als er einen anderen Blickwinkel impliziert: Während bei kompetenzorientiertem Unterricht, also bei einer „Förder-Logik", gefragt wird, welche Einsichten, Fähigkeiten und Fertigkeiten jeweils als nächstes ermöglicht, angebahnt, eröffnet werden müssen, ist der diagnostische Blick darauf gerichtet, ob ein(e) Lernende(r) über ein bestimmtes Niveau einer bestimmten Kompetenz jeweils (sicher) verfügt. Es geht dabei - und dies unterscheidet diese Art von Diagnostik von der klassischen Notengebung- nicht darum, eine größtmögliche Genauigkeit der Beschreibung der jeweiligen Kompetenz zu erreichen, sondern um

die möglichst sichere Feststellung eines jeweils bestimmten Niveaus. Die diagnostische Frage lautet in dieser Hinsicht also nicht: „Welches Niveau hat Schüler(in) x erreicht?" sondern: „Verfugen die Schüler(innen) x,y,z, sicher über das Niveau a?". Dies bedeutet, dass für die Beantwortung dieser Frage zunächst außer Acht bleiben kann, ob und inwiefern die Lernenden darüber hinausgehende Kompetenzausprägungen haben. Diese zu prüfen wäre dann ein weiterer Schritt. Ein solches Verständnis von Diagnostik hat zwei Implikationen: Erstens passt es gut zum Konzept der Mindest- oder auch der Regelstandards, insofern es dabei nicht um eine individuelle Benotung geht, sondern um die auf einer bestimmten Systemebene gestellte Frage nach nötigen Konsequenzen. Wenn auch nur eine Minderheit der Schülerinnen und Schüler ein bestimmtes Kompetenzniveau nicht erreicht hat, ist eine Förderung nötig - zumindest für diese. Ob und inwieweit die anderen bereits über dieses Niveau hinaus sind, ist zunächst zweitrangig (für die Förder-Logik hingegen ist das dann wieder zentral). Ein solches Diagnose-Verständnis ermöglicht es erst (und das ist der zweite Punkt), nicht alle Schülerinnen und Schüler jeden Alters und jeder Entwicklungsphase an dem denkbaren Optimum zu messen und ihre Zwischenstände im Sinne eines Defizitmodells als „noch nicht" hinreichend zu qualifizieren. Wenn es ein kompetenzbasierter Bildungsstandard verlangt, dass die Schülerinnen und Schüler über ein intermediäres Niveau verfugen, auf dem sie in der Lage sind, zu einem im Vorwege eines Museumsbesuchs erörterten Problem mit Hilfe des Lageplans und des Katalogs die relevanten Teile der Ausstellung zu identifizieren, dann ermöglicht diese Form der Diagnostik, sich auch mit solchen Performanzen zunächst zufrieden zu geben, die nicht bereits dem Denken eines Historikers entsprechen, sondern in welchen alltäglichere Ausprägungen zum Tragen kommen. Ein Beispiel mag dies erläutern: Der Begriff der „Hexe" begegnet Kindern heutzutage in unserer Gesellschaft vornehmlich in Kinderbüchern und Märchen, entweder als mit Zauberkräften ausgestattete böse, hässliche Alte oder als über eben solche Kräfte verfügendes verspieltes, oft den Erwachsenen überlegenes Kind (Bibi Blocksberg, Otfried Preußlers „Die kleine Hexe"). Den Kindern wird der übernatürliche Charakter zunächst damit erläutert, dass man „früher" daran geglaubt habe, dass es heute aber nur ausgedachte Figuren seien. Andererseits begegnet Kindern in der heutigen Zeit durchaus auch alltagsweltlich Zauberglaube. Wenn Schülerinnen und Schüler nun im Rahmen eines Besuchs einer Ausstellung über den Hexenglauben10 die Fähigkeit erwerben, Fragen und Feststellungen über die Vorstellung von Hexen dahingehend anschlussfahig zu formulieren, dass zum einen nicht mehr nur zwischen „damals" und „heute", sondern zwischen verschiedenen Zeiten unterschieden werden kann'1 bzw. dass die Vorstellung von Wirklichkeit 10

Vgl. Rosmarie Beier-de Haan/Rita Voltmer/Franz Irsigler (Hrsg.): Hexenwahn - Ängste der Neuzeit. Berlin 2002 (Katalog zur Ausstellung 3.5.-6.8.2002 am DHM in Berlin). 11 „Ist das mittelalterlich?", „das ist ja gar nicht im Mittelalter, sondern vor allem in der Zeit, wo doch die Aufklärung beginnt!", „gibt es das auch in der heutigen modernen Zeit noch?".

differenziert werden kann,12 oder wenn mit Hilfe der Begriffe „Volksglaube", „Aberglaube", „Diffamierung", „Eigennutz", „Herrschaftslegitimation" usw. ausgedrückt werden kann, dass es keine einfache Erklärung gegeben hat,13 dann ist das intermediäre Niveau gegeben, und man wird dies als Lernleistung anerkennen müssen, auch wenn andere wünschenswerte Differenzierungen der Konzepte noch nicht erreicht sind.14 Ein Lernerfolg ist somit nicht erst dann zufriedenstellend gegeben, wenn die heutigen Deutungen übernommen wurden, sondern bereits dann, wenn die Ausstellung und das sie begleitende Material erschlossen und daraus entstehende neue Fragen formuliert werden können, auch Aussagen getroffen werden können, dass bestimmte präsentierte Zusammenhänge verstören bzw. noch nicht „verstanden" wurden. Erst für das elaborierte Niveau wäre dann danach zu fragen, ob und wie über in der Gesellschaft und der Ausstellung verwendete Konzepte selbst reflektiert werden kann.

III.

Kompetenzorientierung von Museen und Ausstellungen?

Es bleibt noch zu fragen, ob eine Kompetenzorientierung nicht nur des Unterrichts in Museen und Ausstellungen denkbar ist, sondern ob Museen und Ausstellungen nicht selbst mit den Kompetenzen ihrer Besucher zu rechnen haben bzw. gar sie fördern könnten. Das kann punktuell diskutiert werden an den anlässlich der Eröffnung der neuen Dauerausstellung des DHM erschienenen Kritiken in GWU. Eine von ihnen stammt von Katja Köhr und Karl-Heinrich Pohl. Sie schreiben: „Die Ausstellungsobjekte sind zwar so inszeniert, dass sie nicht wahllos zusammengetragen sind, sondern zusammen eine Sinneinheit ergeben, ja sogar verschiedene Perspektiven vermitteln könnten. Dies zu erkennen gelingt allerdings nur einer kleinen Minderheit von Fachleuten. Der Laie läuft nur staunend an den ,Kostbarkeiten' vorbei, kann eine weiterergehende Interpretation nur in den seltensten Fällen leisten."

Und etwas später heißt es: „In der Tat: es gibt viel zu entdecken, aber dies nur als passiver Rezipient. Selten fühlt man sich selbst mit einbezogen. Es ist eine Welt, die dem Besucher die Rolle des staunenden Betrachters zuweist, zur Kritik aber nicht anregt, auch und vor allem dadurch, dass das Museum sich selbst und seine Funktion nicht thematisiert und damit die Problematik von Geschichts12

Z.B.: „Zauberpraktiken hat es gegeben, viele Menschen haben an ihre Wirksamkeit geglaubt, ob sie wirklich funktioniert haben, ist etwas anderes", ,Hexerei und Zauberei hat es in der Vorstellungswelt wirklich gegeben, und zwar nicht nur als Fremdzuschreibung, auch als Selbstbild', „sowohl Magie als auch Hexenwahn hat es wirklich gegeben, aber das war Aberglaube", „Hexenglaube ist ein Ausdruck von Vorurteilen". 13 Vgl. Rita Voltmer: Von der besonderen Alchimie, aus Menschenblut Gold zu machen, oder von den Möglichkeiten, Hexereiverdacht und Hexenprozesse zu instrumentalisieren. In: Beieide Haan/Voltmer/Irsigler (Anm. 10), S. 130-141. 14 „Kann man das als Aberglaube bezeichnen, wenn doch gerade gläubige Christen die Realität des Teufelspakts behauptet haben?".

Präsentationen nicht aufgreift und vertieft. Diese Verantwortung überlässt es seinen Besuchern, womit die meisten von ihnen überfordert sein dürften."'

Die zitierte Passage spricht einiges an von dem, worum es im Folgenden gehen soll: Es werden sowohl unterschiedliche Fähigkeiten von Besuchern angesprochen als auch Anforderungen an die Gestaltung von Museen und Ausstellungen aufgestellt. Ich will nun versuchen, einiges von dem, was hier gebündelt formuliert ist, mit Hilfe unseres Kompetenzmodells strukturierter aufzuschlüsseln: Köhr/Pohl sprechen die wichtige Funktion an, die der Vorgang des Interpretierens für die valide Nutzung einer Ausstellung spielt. „Interpretieren" bedeutet für sie (zu Recht) eine aktive Tätigkeit des Besuchers, der selbst einen Sinn erstellen soll. Bei einigen der Beispiele, die zuvor in der DHM-Kritik angeführt wurden, bezog sich dieses „Interpretieren" auf einzelne Objekte, hier aber durchaus auch auf Ensembles und Zusammenstellungen. Das negative Gegenbild des „Interpretierens" ist hier das „Staunen" ob der „Kostbarkeiten". Mit diesen beiden Formulierungen sind m.E. zwei Kompetenzbereiche angesprochen, nämlich die „Sachkompetenz" und die „Methodenkompetenz". Die Sachkompetenz kommt hier ins Spiel, insofern der Besucher Köhr/Pohl zufolge die Objekte nicht nur als „Kostbarkeiten", sondern als Quellen (teilweise auch als Darstellungen) nehmen solle. Es geht also um das Konzept, mit dem das Dargestellte verortet wird. Es nur als „Kostbarkeit" anzusehen und zu bestaunen, schließt nicht aus, dass auch historisches Denken stattfindet - es ist ja immerhin die nostalgische Wahrnehmung einer Degression von wertvoller Vergangenheit zu profaner Gegenwart denkbar —, aber begrifflich und vor allem historisch solide ist das nicht. Erst wer die „Kostbarkeiten" in ihrer Eigenschaft als „Quellen" begreifen kann und in der Lage ist, sie so zu ,befragen', dass ihm Antworten gegeben werden, die „interpretiert" werden können, wird belastbar und gesellschaftlich anschlussfahig historisch denken. Es geht also darum, die Objekte nicht einfach als irgendwelche ob ihres Alters zusammengesuchten Gegenstände zu begreifen, sondern als „Vergangenheitspartikel", die gemeinsam einen oder gar mehrere Sinnzusammenhänge ergeben. Wer hier „interpretieren" will, muss auf das in unserer Gesellschaft und zumal der hier relevanten sozialen Gruppe übliche Konzept alter Gegenstände (Gemälde, Karten etc.) als „Quellen" historischer Erkenntnis zurückgreifen - und das nicht abstrakt, sondern vielfach auch in konkreter Differenzierung: Ein Herrschergemälde nur als „Abbildung" der dargestellten Person anzusehen, wäre basal, es als Darstellung einer politischen Weltauffassung interpretieren zu können, erfordert die Verfügung über Konzepte. Köhr/Pohl fordern nun Hilfen für den Besucher, genau dies leisten zu können, wenn er es nicht allein kann: Sie nehmen das Museum als einen Lernort auch im nicht-schulischen Bereich ernst: Das Museum darf sich nicht nur auf die Kompetenzen seiner Besucher verlassen, es muss ihnen helfen. Köhr/Pohls Forderung nun zielt im weitesten Sinne auf die Förderung zu einem intermediären Niveau der Museumsnutzung und des historischen Denkens: Anhand von „Interpretationshilfen" möge der Besucher in die Lage versetzt werden, die 15 Köhr/Pohl (Anm. 3), S. 588f.

nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Dieses Ziehen der Schlussfolgerungen, dieses Interpretieren aber ist dann ein Akt der Re-Konstruktion. Es geht bei den Ausführungen Köhrs und Pohls zumeist darum, dass der Besucher die ausgestellten Objekte selbst einordnen kann in weitere Zusammenhänge. Darin ist zwar einiges an Multiperspektivität eingelöst, es folgt aber weitgehend dem Konzept, dass es „die" Schlussfolgerungen gibt. Und das trifft ja im weitesten Sinne auch zu: Wenn der Besucher der DHM-Ausstellung mit Hilfe von Fragen auf einer dann nicht mehr nur hinweisenden, sondern kontrastierenden und problematisierenden Tafel zu eigenen Schlussfolgerungen geführt wird, bedeutet das nicht, ihn mit einer konkreten Deutung zu überwältigen, wohl aber, ihn an der Hand eines vorgedachten Gedankenganges weiterzuführen.16 Das kann auch „kritisches" Denken sein, bleibt aber (im positiven Sinne) konventionell: „Den denkenden, kritischen Besucher soll es offenbar [...] nicht geben. Denn: zum Denken muss der Besucher pädagogisch klug und didaktisch ausgereift durch die Museumsmacher erst einmal angeleitet werden."17

Der zweite Teil des Zitats bei Köhr/Pohl lässt sich mit Hilfe unseres KompetenzStrukturmodells auch lesen als eine Forderung, auch die De-Konstruktions-Kompetenz des Besuchers anzusprechen und zu fördern. Indem das Museum sich selbst thematisieren solle, soll nicht nur der bereits elaboriert denkende Besucher in die Lage versetzt werden, die Konstruktionslogiken, die Narrative und ihre Schwächen wahrzunehmen und kritisieren zu können: Mit der Hilfe des „Aufgreifens" der „Problematik" von Geschichtspräsentationen soll auch derjenige, dem dazu (noch) die Begriffe und Konzepte fehlen, in die Lage versetzt und ermutigt werden, die Ausstellung als Ausstellung ernst zu nehmen. „Kritik" kann und wird dann nicht bedeuten, dass solche Nutzer gleich in elaborierter Weise innovative Ausstellungskonzepte entwerfen oder gar eigene Kriterien entwickeln. Die Bauweise der Ausstellung auf einen Begriff bringen zu können, sie so als eine unter mehreren diskutieren zu können (z.B. den chronologischen Zugriff als Grundanlage neben den „Vertiefungsräumen" als eine keineswegs selbstverständliche Lösung zu erkennen), gar andere auf sie hinweisen zu können, mit anderen darüber austauschfähig zu werden, ist ein Ausweis (fortgeschritter) intermediärer Kompetenzen von De-Konstruktion. Das beinhaltet übrigens auch bereits auf diesem Niveau, das chronologische Prinzip gegen das eines thematischen Zugangs auf- oder abzuwerten. Intermediäres Denken beinhaltet durchaus auch (intermediäre) Urteilskraft. Dieses museal zu unterstützen, wird hier zu Recht gefordert. Ob und inwieweit eine Förderung auf ein elaboriertes Niveau innerhalb einer Ausstellung möglich ist, bliebe zu diskutieren. Immerhin ist denkbar, die leitenden Gesichtspunkte bei der Konstruktion in begleitenden Materialien explizit zu thematisieren und zu problematisieren. Die Art und Weise, wie in GWU diese Prinzipien be- und hinterfragt werden, markiert an manchen Stellen sehr 16 Vgl. die Beispiele bei Köhr/Pohl (Anm. 3) auf S. 588 (Bleichröder-Gemälde; Volksabstimmungen in der Weimarer Republik; Antisemitismus in einem Gemälde; DVP-Plakat). 17 Ebd., S. 588.

deutlich dieses Niveau. Diese Ebene hier und dort auch den Besuchern zugänglich zu machen, wäre ein museumsdidaktischer Fortschritt. An ein offenes Publikum gerichtete Ausstellungen auf die Förderung der Kompetenzen zu einem elaborierten Niveau auszurichten, ist durchaus schwieriger. Es würde hinsichtlich der „Sachkompetenz" bedeuten, dass der Besucher durch die Ausstellung befähigt wird, sich von der auch bei Köhr/Pohl noch vorherrschenden Vorstellung zu lösen, dass die Objekte „Quellen" im epistemologischen Sinne sind, und sie als gesetzte Verweise auf eine Vergangenheit innerhalb einer Re-Konstruktion wahrzunehmen. Hinsichtlich der Methodenkompetenzen wäre zu fordern, dass die Besucher des Museums oder einer Ausstellung durch ihr Arrangement bzw. die Begleitmaterialien und -programme nicht nur befähigt werden, die Ausstellung selbst zu erschließen und zu verstehen, sondern auch die vorgesehenen Methoden der Erschließung selbst zu überdenken. Wie steht es schließlich mit der Frage- und Orientierungskompetenz - bleiben sie wieder ausgeklammert? Gibt es Möglichkeiten, museale Ausstellungen so zu gestalten, dass sie den Besucher befähigen, seine eigenen Fragen anschlussfähiger und kritischer zu formulieren? Das wäre immer dort von Bedeutung, wo Ausstellungen durch interaktive Recherchestationen ergänzt werden, deren Nutzung ein bewussteres Vorgehen des Besuchers verlangt. Eine Ausstellung, ein Museum, eine Gedenkstätte wird dann dem Anspruch an Kompetenzorientierung gerecht, wenn sie alle Kompetenzbereiche „anspricht", d.h. Möglichkeiten zum Vollzug aller Operationen des historischen Denkens anbietet. Das kann bereits dadurch geschehen, dass ein Besuch mit eigenen Fragen nicht nur ermöglicht wird und die ausgestellten Materialien anschlussfähig sind für eine große Bandbreite unterschiedlicher Frageperspektiven auf Grund kultureller, sozialer, politischer Heterogenität wie auch individuelle Vorlieben der Besucher, sondern wenn sie die Wahrnehmung und Reflexion derjenigen Sinn-Interessen und Fragen ermöglicht, die der Konzeption der Ausstellung zu Grunde liegen. Es geht also darum, mit Hilfe der durch die Exponate und Erläuterungen zu erschließenden Informationen eigene Sinnzusammenhänge herzustellen, also die Möglichkeit zu schaffen, „die ,eigene' Ausstellung" ebenso wahrzunehmen und „aus einzelnen Exponaten und Fakten ein neues, inszeniertes Ganzes mit eigenem Sinn" entstehen zu lassen,18 und die der „Konstruktionsidee"19 zu Grunde liegenden Prinzipien, Deutungsmuster sichtbar und diskutierbar zu machen. Eine Förderung der Orientierungskompetenz wird dann ermöglicht, wenn dazu angeregt (evtl. auch provoziert) wird, die so gewonnenen und konstruierten Erkenntnisse auf das eigene Selbst zu beziehen, das eigene Bild von der Vergangenheit denkend zu überprüfen, sich auch selbst als heutiger Besucher in ein

18

Vgl. Uwe Danker/Astrid Schwabe: Orientierung in der Geschichte der Deutschen? Die Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 58 (2007), S. 591-606, hier S. 599. 19 Ebd., S. 599.

Wrhültnis dazu zu setzen und sich somit an der gesellschaftlichen Debatte um heutiges Handeln vor den Erfahrungen der Vergangenheit zu beteiligen. Alle diese Operationen und Kompetenzen müssten dabei auf mehreren Niveaus "angesprochen" werden - das macht das Problem sowohl von Museen als auch von linderen geschichtskulturellen Institutionen aus, verschärft durch die nicht bruchlos damit einhergehende schulische Nutzung: Es müssen Besucher angesprochen werden, die (zunächst) nicht an einer Belehrung im Sinne der Förderung ihres Reflexionsniveaus interessiert sind. Die Ausstellung muss anschlussfähig sein an unterschiedliche Ansprüche. Sie muss im Idealfall auch ohne die Möglichkeit eines Rückgriffs auf allzu elaborierte Konventionen erschließbar sein - wenn vielleicht nicht im gesamten, so doch in relevanten Einzelaspekten. Es muss also für „basal" denkende Besucher auch ohne spezifische historische Vorbildung möglich sein, Antworten auf gewissermaßen naive Fragen zu bekommen. Sie muss dem mit den gesellschaftlichen Konventionen Vertrauten die Möglichkeit bieten, die eigene Darstellung und Narration benennen und verorten zu können. Sie muss dem Experten und dem Erfahrenen eine Reibungsfläche bieten, die jeweils eigene Aus- und Darstellung kritisch zu prüfen, ihre Bedeutung für das eigene Leben und die Gesellschaft in Frage zu stellen, die "Zeitgemäßheit" der Ausstellungskonzeption und der Deutungen (auch: der didaktischen Konzeptionen) zu beurteilen und gewissermaßen mit den Ausstellungsmachern in einen Dialog über ihr Werk einzutreten. Eine solche Ausstellung muss aber auch geeignet sein, eine Förderung von einem Niveau auf ein anderes zu ermöglichen - mit Blick auf den „freiwilligen" Einzelbesucher ebenso wie für solche Besucher, die in institutionalisierten Lernprozessen (z.B. als Schüler) dorthin kommen. Hier gilt es also, Anknüpfungspunkte bereitzustellen, die es den Besuchern ermöglichen, nicht bei ihren „naiven" Fragen, Interpretationen und Schlussfolgerungen zu bleiben, sondern diese mit Hilfe von Begriffen und Konzepten zu stellen, die anschlussfähig sind; d.h. begriffliche und methodische Hilfestellungen zu geben für das Finden von Exponaten und Informationen zu eigenen Themen, für das Zusammenfügen von Exponaten und Informationen und deren Interpretation.

IV.Schluss Museen und Ausstellungen können sehr gut Orte kompetenzorientierten historischen Lernens sein, und zwar vor allem immer dann, wenn es geradezu um die Kompetenzen zu ihrer Erschließung, nur Nutzung dieser Form der Geschichtskultur geht. Dabei kommen m.E. alle Kompetenzbereiche und Kernkompetenzen des historischen Denkens zur Geltung, so dass die Ausweisung einer „geschichtskulturellen Kompetenz" neben anderen wie z.B. in Hans-Jürgen Pandels Kompetenzmodell20 nicht sinn20

Vgl. Hans-Jürgen Pandel: Geschichtsunterricht nach PISA. Kompetenzen, Bildungsstandards und Kerncurricula. Schwalbach/Ts. 2005; zuletzt: Ders.: Kompetenzen entwickeln. Modelle und Standards für das Fach Geschichte. In: Hero.dot. Das Magazin für den Geschichtsunterricht (2008) H. 04, S. 3-5.

voll erscheint. Vielmehr erscheint es als weiterführend, die Rezeption von Ausstellungen (das eigene Herstellen von Ausstellungen habe ich hier gar nicht erwähnt - es ist ebenso bedeutsam) als Prozess historischen Denkens und Lernens genauer unter die Lupe zu nehmen und daraufhin zu untersuchen, an welchen Stellen Kompetenzen gefördert werden können, die den Schülerinnen und Schülern im Alltag und als Teilhaber an der Geschichtskultur (nicht nur als Museumsbesucher) zugutekommen.21

21 Eine ergänzende Tabelle zu diesem Beitrag kann von meiner WWW-Seite heruntergeladen werden: http://www.erzwiss.uni-hamburg.de/personal/koerber/texte/koerber_kornpetenzmodell_ text_ 6_tabelle.pdf.

Ergänzungstabelle zu: KÖRBER, ANDREAS (2009: „Kompetenzorientiertes historisches Lernen im Museum? Eine Skizze auf der Basis des Kompetenzmodells ‚Historisches Denken‘“. In: POPP, SUSANNE; SCHÖNEMANN, BERND (Hrsg.; 2009): Historische Kompetenzen und Museen. 1. Aufl Idstein: Schulz-Kirchner (Schriften zur Geschichtsdidaktik; 25), S. 62-80. Fragekompetenz

Methodenkompetenz Re-Konstruktionskompetenz

Analyse

Fragen Verstehen (können)

• Sind die Besucher • in der Lage, in Abgrenzung zu herkömmlichen Interessen eine eigene, ihrer eigenen Perspektive entsprechende Fragestellung zu formulieren, und diese in die gesellschaftliche Perspektive einzu- • ordnen?

Fragen an Museum/Ausstellung/Gedenkstätte

elaboriert

Selbst Fragen stellen (können)

• Werden die Besu- • Wird die Fragestel- • cher befähigt, sich lung der Ausstelihrer eigenen Fralung offengelegt? gen zu den Ex• Werden die bei der ponaten und deren Ausstellung leitenPräsentation beden Fragen dem Bewusst zu werden?1 sucher als Leitlinien • präsentiert? • Werden abweichende (ältere) Fragen an den präsentierten Zusammenhang thematisiert?

De-Konstruktionskompetenz

Sind die Besucher • Sind die Besucher • in der Lage, die bei in der Lage, die in der Diskussion um der Ausstellung präFragestellungen der sentierten InformaAusstellung, des tionen zur ErschlieMuseums, der Geßung eigener, innodenkstätte benutzvativer oder spezielten Konzepte und ler Fragen zu nutBegriffe zu hinterzen, eigenständige fragen (-> SachSinnbildungen zu kompetenz)? erstellen, weitergehende FragestelSind sie in der lungen zu entwerLage, eine wahrfen, neue Zusamgenommene Fragemenhänge herzustellung einer Ausstellen, das Ausgestellung, eines Mustellte mit anderen seums, einer GeThemen zusammendenkstätte für sich zubringen? selbst umzuformulieren, fortzuschreiben, Alternativen zu entwickeln, und dabei die von den Ausstellungsmachern, Guides etc. verwendeten Konzepte kritisch zu reflektieren?

Bietet die Ausstel- • lung Hilfestellungen bei der Einordnung des Präsentierten in einen Zusammenhang? Werden etwa weitere Anknüpfungspunkte (Literatur, Medien etc.) genannt?

Sind die Besucher in der Lage, die bei der Konstruktion der Sinnbildung in der Museums-/Gedenkstätten-Ausstellung verwendeten Deutungs- und Erklärungsmuster kritisch zu reflektieren?

thematisiert die Ausstellung/Gedenkstätte ihre narrativen Prinzipien? (vgl. oben zur Ausstellung „Altes Reich und neue Staaten“) und grenzt sie sie ggf. gegen andere (etwa älterer Ausstellungen) ab?

Orientierungskompetenz

Sachkompetenz

Reflexion und Erwei- Reflexion und Erwei- Reflexion des Selbst- Reflexion und Erwei- Begriffskompetenz Strukturierungsterung des Geschichts- terung des Welt- und verstehens terung der Handlungskompetenz bewusstseins Fremdverstehens disposition • Sind die Besucher • Sind die Besucher • Sind die Besucher • Sind die Besucher • Sind die Besucher • Sind die Besucher in der Lage, die in der Lage, ihre ei- in der Lage, die ihin der Lage, „gesell- in der Lage, die in der Lage, die ihKonzepte, die sie genen Bemühungen nen in der Ausstelschaftlich“ (bzw.: in strukturierenden nen in der Ausstelbeim historischen um das Verständnis lung angebotenen der Ausstellung/Ge- Konzepte kritisch lung/im Museum Denken einsetzen, der dargestellten Deutungsmuster des denkstätte/im Muzu reflektieren angebotene Struktur in AuseinandersetMenschen, Lebenseigenen Verseum) angebotene • Bsp.: des Gegenstandes zung mit der Ausverhältnisse als per- hältnisses zur daroder präsentierte mit der eigenen ▪ „Gedenken“ stellung selbststäspektivische Versugebotenen GeHandlungsoptionen ▪ Vergangenheit „be- (vorherigen) Strukndig zu verändern che und als nie ganz schichte kritisch zu kritisch zu reflektie- wältigen“ turwahrnehmung und innovativ zu er- gelingend anzuerreflektieren? ren? abzugleichen und ▪ wiedergutmachen weitern? kennen? sich zu beiden kri• Sind sie in der • Sind sie in der ▪ „Erinnern“ tisch zu verhalten? Lage, die eigenen Lage, etwaige Par▫ sich selbst erin(Vgl. oben Bsp.“AlDenk- und Urteilsallelisierungen zu nern tes Reich und neue muster als solche zu Heute bzw. Weiter▫ jd. erinnern Staaten“) erkennen? entwicklungen ab▪ „mahnen“ wägend zu reflek▪ „trauern“ tieren? ▪ „ehren“ • „Wiedergutmachung“ gegenüber Zwangsarbeitern • „Gedenken“ zwischen politischer Entlastungsstrategie und Selbstbefragung • Menschenrechtsorientierung heutiger Politik • Bsp.: Frage des Strafvollzugs heute (Neuengamme-Beispiel) • Spricht die Ausste- • Wird in der Ausstel- • Werden (etwa durch • Gibt es Bemühun- • thematisiert die • Werden die Intenllung die Besucher lung in irgendeiner Präsentation der Be- gen seitens des Mu- Ausstellung/die Ge- tionen und Kriterien auf eine Art und Weise deutlich gesucherbücher) die seums, die Besudenkstätte die in ihr der Hängung/AnWeise an, die diese macht, dass die prä- von anderen Besucher beim Reflekverwendeten Konordnung an geeigauch zu eigenem, sentierten Informachern vorgenomme- tieren der angebote- zepte hinreichend neter Stelle abwäkritischen Weitertionen Folgen eines nen Einordnungen nen oder wahrgeund kritisch? gend diskutiert denken anregt und neuen/veränderten des Gesehenen in nommenen Schluss- • Wird auf ihre Ent(etwa in einem Kabefähigt? Wissensstandes das heutige Leben folgerungen zu unstehung in bestimm- talog-Kapitel)? und/oder eines neu- diskutierbar geterstützen (etwa • Werden in der Austen Kontexten einen Frageinteresses macht? Werden sie durch kontroverse stellung offene, ungegangen? sind? thematisiert? Podiumsdiskusgeklärte, konsionen in Begleittroverse Fragen exveranstaltungen)? plizit thematisiert?

1

Analyse

intermediär

Fragen zur Kompetenzförderung

Fragekompetenz • (Wie) können Besu- • cher/ Lernende in die Lage versetzt werden ihre eigenen Interessen so zu formulieren/konzipieren, dass sie dabei nicht zwingend vorgefertigten Fragen folgen? Was können /müssen sie lernen, um sich gegenüber Vorgegebenen Fragen partiell emanzipieren zu können?

Wie können Besu- • cher/Lernende befähigt werden, die der Ausstellung zu Grunde liegenden Fragestellungen und ihre Voraussetzungen kritisch zu prüfen

Methodenkompetenz Wie können Besu- • cher/Lernende befähigt werden, aus dem Gesehenen selbstständig einen Sinn zu bilden?

Wie können Besu- • cher/Lernende befähigt werden, einen eigenständigen, kritischen Blick auf die Konstruktion der Ausstellung/des Museums zu entwickeln?

Orientierungskompetenz Wie können Besu- • cher/Lernende befähigt werden, die in der Ausstellung neu kennen gelernten Aspekte des Gegenstandes für weiteres Denken fruchtbar zu machen?

wie können Besu- • cher/Lernende befähigt werden, die beim Ausstellungsbesuch statt findenden neuen Sichtweisen nicht nur additiv aufzunehmen, sondern mit dem Vorwissen in Bezug zu setzen und zu reflektieren (etwa: nachträglicher Vergleich mit zuvor dokumentiertem Vorwissen und Erwartungen) • Sind die Besucher • Können die Besu- • Sind die Besucher • Sind die Besucher • Sind die Besucher • Sind die Besucher • in der Lage und becher eine von ihnen in der Lage, ihnen in der Lage, die ihin der Lage, ihre in der Lage, das in reit, mit Hilfe vorab wahrgenommene in der Ausstellungnen in einem MuVorstellung vom der Ausstellung, gelernter KategoriAbsicht der Ausstel- /dem Museum/der seum, einer Ausstel- ausgestellten Sachdem Museum, der en und Begriffe lung, des Museums, Gedenkstätte belung, einer Gedenk- verhalt, den releGedenkstätte Ausselbst Fragen an der Gedenkstätte gegnende Informastätte begegnenden vanten Kategorien gestellte als Dokueine Ausstellung formulieren und tionen über Vergan- gegenwärtigen Beetc. mit Hilfe der in mente aus einer oder zu dem Thema dazu auf gängige genes selbst unter zugnahmen auf die der Ausstellung und bzw. Aussagen über einer Ausstellung zu Begriffe, VorsteRückgriff auf bereferenzierte Verihren Zusätzen übli- eine Lebenswirkformulieren? llungen, Interessen kannte Vorbilder, gangenheit als narchen Verfahren lichkeit zu erkenzurückgreifen? Verfahren, Fragerative Bezugnahselbstständig zu nen, die sich von ihmen zu erkennen? verändern? rer unterscheidet? • Sind sie in der Lage raster, Muster zu neuen Sinnzusam- • Sind sie in der zu formulieren, • Können sie • Sind die Besucher menhängen zu verworin ihrer WahrLage, unter Verin der Lage, die für • ▪ die Informationsbinden? nehmung nach die wendung gängiger sie neuen Erkennttafeln selbstständig Relevanz einer Aus- • Bsp.: Konzepte und Benisse über den darauswerten? stellung liegt? griffe („Perspektigestellten Zusam▪ Sind sie in der La▪ in den Texten verve“, „Interesse“, • Können sie ggf. un- ge, mit Hilfe eines wendete Kategorien menhang begrifflich „Inszenierung“, zu fassen? terschiedliche Inter- Laufzettels und eiauf ihnen bekannte „Auswahl“, „Reessen benennen, ge- ner Zeitleiste Inforbeziehen und diese • Sind die Besucher Kontextualisiemationen zu einer geneinander abwäin der Lage und beso verändern? rung“, ...) die vorgen, und eine davon Person zusammenreit, andere Lebens▪ Bsp.: „Häftling“ + gefundene Ausstelfür sich adaptieren? zutragen, deren Le„Kapo“ -> Differen- und Denkweisen lung einzuordnen bensgeschichte zu probehalber zu zierung des Konund zu beurteilen? rekonstruieren und durchdenken, und zepts der Opfer mit anderen unter können sie dabei bekannten Kategoauf gängige Konrien zu vergleichen? zepte zurückgreifen („anders, nicht rückständig“; „primitiv“, „zwar damals – heute aber“, „damals noch“)

Sachkompetenz

Wie können Besu- • cher/Lernende dafür sensibilisiert werden, dass die in einer Ausstellung präsentierten oder von Besuchern (etwa in Besucherbüchern) hergestellten Gegenwartsbezüge selbst Gegenstand kritischer Reflexion sein können und müssen?

Wie können Besu- • cher/Lernende befähigt werden, die Begriffe und Konzepte, mit denen in der Gruppe und/oder Öffentlichkeit über mögliche Konsequenzen nachgedacht wird, zu reflektieren?

Sind die Besucher • in der Lage, sich selbst unter Rückgriff auf bekannte Kategorien zum Gegenstand in eine Beziehung zu setzen und ihre eigene • Perspektive unter Rückgriff auf diese Kategorien zu definieren und zu reflektieren? Bsp.: ▪ „Für mich als Christen bedeutet dies“ ▪ „Ich als Nachgebo• rener“ ▪ „Ich als Deutscher/Nicht-Deutscher“ ▪ „Wir heutigen“

Sind die Besucher • in der Lage, eine von der Ausstellung empfangene Anregung zu einem bestimmten Verhalten zu benennen? Sind die Besucher in der Lage, untereinander anschlussfähig, mit • gemeinsam akzeptierten Begriffen über Handlungsoptionen zu sprechen, die ihnen in • der Gesellschaft angeboten werden. Können die Besucher zwischen gesellschaftlich diskutierten Handlungsoptionen abwägen?

Wie können Besu- • Wie können Besucher befähigt wercher lernen, die Anden, die verwendeordnung/Hängung ten Konzepte und einer Ausstellung Begriffe nicht einnicht nur als eine fach hinzunehmen, Entscheidung der sondern InszenieAutoren zwischen rung/Exponate und mehreren MöglichKonzepte wechselkeiten wahr- und seitig zu reflektieanzunehmen, sonren? dern selbst im Ganzen und im Detail zu reflektieren?

Kennen die Besu- • cher die gesellschaftlich gebräuchlichen Begriffe, die zu Erschließung und Diskussion des Gegenstandes verwendet werden? • Können Sie sich zu ihnen verhalten? Können sie ▪ sie einem Dritten erläutern? ▪ zwischen ihnen abwägen? Bsp.: ▪ „Konzentrationslager“ ▪ „Gedenken“ ▪ „Trauer“ ▪ „Dritte / Vierte Generation“ ▪ „Zeitzeuge“

Kennen die Besucher Grundprinzipien und -formen der Präsentation von Exponaten und Zusammenhängen in Ausstellungen? Sind sie in der Lage, statische und dynamische (auch interaktive) Präsentationsformen zu nutzen?

Ein Beispiel: Bei Besuchen in KZ-Gedenkstätten wird öfters berichtet, dass Schülerinnen und Schüler im Vorwege äußern, sie interessierten sich dafür, wie es gewesen sein muss, im KZ zu sein, z.T. gekleidet in das geäußerte Interesse, dies „nacherleben“ zu wollen. Eine Thematisierung dieser Frage und eine Besprechung kann und sollte dazu führen, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, dass das sich darin äußernde Interesse an den konkreten Menschen als Menschen sinnvoll und wichtig ist, ein „Nacherleben“ aber weder wünschenswert noch möglich ist.

Fragen an Museum/ Ausstellung/Gedenkstätte

Fragekompetenz • Wird der Besucher • ermuntert, eigene Fragen an die Exponate zu stellen? • Werden ihm Begriffe und Formen an die Hand gegeben, wie dies möglich ist? • (etwa in einem Faltblatt mehrere Möglichkeiten der Erschließung der Ausstellung: „Wenn die daran interessiert sind, wie ..., dann ...)

Methodenkompetenz

Werden den Besu- • Werden dem Besu- • chern Begriffe an cher Hilfen zur Erdie Hand gegeben, schließung der Inmit denen sie befäformationen und zu higt werden, die Herstellung von ZuPräsentation als fra- sammenhängen gegeleitet zu erken- (etwa in Form von nen? Verweisen zu anderen Exponaten; Kontrastierungen) an die Hand gegeben?

Gibt die Ausstel• Spricht die Ausstel- • lung/Gedenkstätte lung die Besucher ihren Charakter als in einer Art und narrative DarstelWeise an, die ihnen lung zu erkennen? Antworten auf eige- • ne Fragen bietet? • Ermöglicht die Aus- • stellung eigene Fragestellungen der Besucher und bietet dazu kategoriale Antworten? • • Stellt die Ausstellung für den Besucher weiterführende Informationsmöglichkeiten zur Verfügung?

Orientierungskompetenz thematisiert die • Ausstellung die ihrem Tun unterlegten Denkformen? werden Deutungsmuster expliziert? werden Angebote zum Perspektivenwechsel gemacht und als solche benannt? wird die Perspektive der Ausstellung als solche sichtbar?

Präsentiert das Mu- • Wird in der Ausstel- • seum/die Ausstellung/Gedenkstätte/i lung/die Gem Museum die Bedenkstätte (mögdeutung der dargelichst alternative stellten Geschichte oder vielfältige) für die Gegenwart Konzepte, mit dethematisiert? nen die Besucher • Werden gesellsich selbst zu der schaftlich diskutierdargestellten Gete Schlussfolgerunschichte in Bezug gen und Handlungssetzen können, die optionen(im Plural) sie für sich prüfen benannt? können? ▪ „Gedenken“ ▪ „nie wieder“ ▪ „nicht vergessen“ ▪ „das Erinnern bewahren“ ▪ „Humanitäre Interventionen“ ▪ „Menschenrechtserziehung“ ▪ „Wiedergutmachung“ ▪ Zwangsarbeiter: Unterstützung heute ▪ Symbolische Fonds ▪ Entschädigung

Sachkompetenz Werden Konzepte • Werden dem Besuund Begriffe, mit cher die unterdenen die Ausstelschiedlichen Prälung arbeitet, explisentationsformen zit eingeführt und und Hängungen erläutert? hinreichend erläutert, so dass er sie nutzen kann? Gibt es so etwas wie eine „Anleitung“ zur Ausstellung?

Analyse

basal

Förderung • Sind die Besucher • Sind die Besucher • Sind die Besucher • in der Lage und bein der Lage, auf irin der Lage, überreit, selbstständig gendeine Art und haupt aus dem Präüberhaupt Fragen Weise zu thematisentierten Inforzum Museum, an sieren, dass der mationen zu entnehdie Gedenkstätte zu Ausstellung eine men und zueinander stellen? Form von Frage an in Beziehung zu die Vergangenheit setzen? zu Grunde liegt?

Sind die Besucher • Lassen sich bei den • Sind die Besucher • überhaupt in der Besuchern irgendin der Lage, in irLage, das Dargewelche Veränderun- gendeiner Weise zu stellte als eine heugen ihrer Konzepte kommunizieren, tige Aussage über zu Geschichte, Mudass die Ausstellung Geschichte zu erseum, Präsentation etwas an ihren vorkennen? etc. verzeichnen? herigen Vorstellungen über den ausgestellten Zusammenhang, die fragliche Zeit, die damaligen Menschen geändert hat?

Finden sich bei den • Sind die Besucher Besuchern irgendin der Lage, in irwelche Aussagen gendeiner Weise zu darüber, dass sie kommunizieren, das gesehene auf dass das Gesehene sich und die eigene oder der Besuch sie Zeit beziehen? zu einem bestimmten Verhalten anregt, auffordert?

• Sind die Besucher in der Lage, Strukturen in der Präsentation in irgendeiner Weise wahrzunehmen und auf den Inhalt zu beziehen?



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